Ablauf einer Dampflokausbesserung
Zu den Standardaufgaben des RAW Schwerte gehörte u.a. die Durchführung von Hauptuntersuchungen bei Dampflokomotiven mit anschließender Ausbesserung der festgestellten Schäden. Der folgende Abschnitt vermittelt einen Einblick in den Arbeitsablauf einer Hauptuntersuchung:
Nach der Zuführung der Schadlokomotive durch das im Südwesten des
Werkes gelegene Tor3 erfolgte die Abgabe der Fahrzeuggeräte gegen Quittung
am Geräteschuppen zur Aufbewahrung und Ausbesserung.
Am Kohlenlager wurde der Tender entleert, Wasser abgelassen, Feuerbüchse,
Aschkasten und Rauchkammer entschlackt und von Asche gereinigt sowie der Tender
abgekuppelt. Die Zustellung von Lokomotive und Tender erfolgte durch eine
Schiebebühne zum entsprechenden Ausbesserungsort. Dabei wurde die mit
kaustischem Soda und heißem Wasser gründlich gereinigte Lokomotive
auf einen Abbaustand in der Lokrichthalle, der
Tender zur Tenderhalle in der Kesselschmiede weitergeleitet.
In der Lokrichthalle erfolgte nach der Freilegung des Kessels und dem Abbau
der Grob- und Feinausrüstungen das Lösen und Abheben des
Lokomotivkessels durch den 100 t Doppelkran. Nach der Entfernung des Aschkastens
wurde dieser auf einem Kesselwagen der Kesselschmiede zur Reparatur zugeführt.
Bis auf den Rahmen mit Zylinder und Pufferträgern wurden sämtliche
Teile des Lokomotivfahrgestells entfernt.
Zur Reinigung hob der Doppelkran das Fahrgestell von den Achsen und setzte
es auf den Abspritzstand. Nach dem Abbau und der Reinigung erfolgte die
Weiterleitung der Achslagerkästen zur Radsatzwiederherstellung. Die
abgebauten Teile erhielten Nummernbezeichnungen und wurden, soweit sie abgekocht
werden durften, in besonderen Transportbehältern mit Elektrokarren zur
Abkocherei und nach der Reinigung zur weiteren Ausbesserung in die Sonderwerkstätten
befördert. Den gereinigten Rahmen lagerte man zur Bearbeitung auf Brücken
bzw. Untersatzwinden und untersuchte ihn in allen Teilen eingehend auf Risse und
Anbrüche. Dabei wurden lose Nieten und Schrauben durch neue ersetzt.
Nach Beendigung der Arbeiten wanderte der Rahmen zur
Rahmenbackenschleifmaschine, wo er auf verstellbare Winden gesetzt und genau in
die Waage gebracht wurde. Dort bearbeiteten und schliffen Schmirgelscheiben die
Achslagerführungen und Stellkeile.
Nach der Vermessung des Rahmens konnte der Aufbau schließlich auf
einem besonderen Stand erfolgen. Nachdem die einzelnen Teile in der Zwischenzeit
in den Sonderwerkstätten überholt bzw. ausgebessert worden waren,
konnten die Steuerungs- und Übertragungswelle sowie die Gleitbahnen
angebracht werden. Der reparierte Kessel wurde eingelegt und befestigt, das Führerhaus
aufgesetzt, die Teile der Rauchkammer wurden eingebaut und die Ausgleichshebel,
Federn und Federspanner am Rahmen befestigt.
Einlegen
des Kessels, um 1930
Zur gleichen Zeit waren die inzwischen fertiggestellten Radsätze mit Hilfe einer der Lokomotivgattung entsprechenden Meßplatte exakt aufgestellt und mit Holzkeilen festgelegt worden. Anschließend wurde der zum Wiederaufachsen vorbereitete Rahmen mit dem Kessel durch den Kran zum Aufachsstand transportiert. Dabei folgte der Kranführer genau der Markierung an der Kranschiene, so daß der Rahmen ohne ein Verschieben der Achsen in die Achslagergehäuse geführt werden konnte. |
Der betriebsfertige Zusammenbau der Lokomotive erfolgte dann auf dem
letzten Stand, nachdem die Achslagerstege und Bremsgestänge angebracht
worden waren. Auf einer Schiebebühne fuhr die Lokomotive zur Raddruckwägevorrichtung,
wo die Bestimmung bzw. Berichtigung der einzelnen Raddrucke vorgenommen wurden.
Nach dem Ankuppeln des Tenders erfolgte eine Untersuchung durch Indikatoren
auf fehlerfreies und wirtschaftliches Arbeiten der Maschine. Dem Anheizen der
Lokomotive in der Anheizhalle schloß sich eine
zweimalige Probefahrt (eine Leer- und eine Belastungsfahrt) an. Die während
der Probefahrt festgestellten Mängel wurden beseitigt und der Anstrich der
Lokomotive in der Lackiererei erneuert. Nach der Abnahme durch den Abnahmelokführer
und der Aufnahme der Geräte konnte die Lokomotive dem Betrieb wieder zugeführt
werden.